Irgendwie haben wir es ja alle schon geahnt: Der wirtschaftliche Aufschwung, den sich Kanzlerin Merkel so gerne an die Brust heftet, die neue Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland, auf die alle anderen Ländern wieder neidisch schielen – all das war nur möglich, weil uns in den vergangenen Jahren soviel Angst vor der Pleite gemacht wurde.
Erinnern Sie sich nicht mehr? Deutschland vor Milliarden-Schulden hieß es da. Abschwung satt, die Einheit, die CDU und die SPD waren in den Medien immer abwechselnd Schuld und ein paar Globalisierungsgegner warfen zwischdendurch Steine gegen Glasfenster. Im Zuge dieser Hetze haben wir uns doch erst die ganzen Steuern und Reformen gefallen lassen. Alles passé, schaut man sich mal heute in den Zeitungen um. Da ist die Rede von Wachstum, sinkenden Arbeitslosenzahlen, eitel Sonnenschein wohin man liest. Klar, der Benzinpreis steigt, aber das ist halb so schlimm, wenn die Unternehmen unseres Landes endlich wieder schwarze Zahlen schreiben! Alles schön, alles neu…
Moment mal. Leben die in einem anderen Land als ich? Genau wie ich bei der apokalyptischen Meinungsmache nach der Jahrtausendwende etwas stutzig wurde, mag sich im Moment bei mir die Euphorie noch nicht ganz einstellen. Was ist zum Beispiel mit der neuen Abgeltungssteuer? Tolle Sache für den Staat, aber Mist für den Kleinanleger. Die sinkenden Arbeitslosenzahlen resultieren daraus, dass das Arbeitsamt die Leute in 1-Euro-Jobs steckt und zum Zeitpunkt der Zählung die Statistiken schönt. Zum Glück ist die selbstverordnete Pensions-Erhöhung der Politiker (Schon wieder! Hallo?) erst kürzlich gescheitert. Dafür haben wir jetzt offiziell sehr viele Menschen unter oder am Rand der Armutsgrenze.
Deswegen: Schön, dass es der Wirtschaft besser geht, jetzt sollte – auch und gerade in Sachen Steuern- der Normalverbraucher begünstigt werden, sonst hat der nämlich nichts vom sogenannten Boom.